Engelbesuch zu Sonntag: Die Kraft eines Lächelns [24.8.2015]

article-1201577-0066DD4B00000258-974_468x356In der Nacht träume ich von meinen Geschwistern und Verwandten aus Chruszczobród, einem kleinen Dorf im Süden Polens. Zuletzt ist es meine Halbschwester, sie rennt in einem schwarzweiß Film um ihre Mutter und springt in ihre Arme. Nur die rote Farbe bleicht etwas durch auf dem sonst farblosen Film. Als Nächstes sehe ich unsere Großmutter zu einer Zeit, in der sie noch eine junge Frau ist. Ihre Haare werden von einem Haarnetz gehalten. Auf ihren Schultern trägt sie ihre Tochter.
Unsere Großmutter wandert nun alleine über ein Feld direkt an der Waldgrenze. Sie blickt nach Links und friert auf der Stelle ein. Wenige Meter von ihr entfernt steht ein Panzer der Wehrmacht, er richtet sein Geschütz auf sie. Weitere Panzer nähern sich, sie fahren direkt an ihr vorbei. Richten dabei auch ihre Gewehre und Geschütze auf unsere Großmutter. Sie ist verschreckt und tritt erst im letzten Augenblick vor ihren Ketten zur Seite. Selbst nachdem sie an ihr vorbei ziehen, richten sich ihre Waffen weiterhin starr auf sie.
»Ich lächelte, und sie lächelten zurück«, sagt eine Stimme.
Der letzte Panzer zieht vorbei und eine Frau schreit:
»Komm schnell! In Waldorf ist ein Wunder geschehen!«
Ich sehe die zugepflasterte Zufahrtstraße zum Dorf. Flugzeuge der Alliierten fliegen gerade darüber und werfen ihre Bomben auf die leere Straße. Sie haben die Belagerer vertrieben.

Ich wache auf und mache mir Notizen. Lege mich sogleich wieder schlafen und meine Traumführerin fährt fort. Ich sehe nun ein Bild des Dorfes bei Nacht und einen weißen Youtube Replay Knopf darüber. Mit meinem Geist drücke ich drauf.
›Was habe ich wohl verpasst?‹
Kinder rennen fröhlich aus dem Dorf und spielen bei Fackellicht.

Ich wache erneut auf. An meinem Ohr höre ich eine Stimme:
»Pass auf deine zwei Beißerchen gut auf«, es ist Engel Danielle, besorgt um meine zwei beschädigten Zähnchen. Ich spüre ihre Bewegung auf meinem Bett in Richtung meiner Füße. Sie berührt und massiert meine Fußsohlen. Ich konzentriere mich während dessen auf sie. Ich möchte diesen Augenblick, in dem ich sie spüre, möglichst lange aufrechterhalten. Dabei durchstreifen immer wieder Gedanken meinen Kopf. Ich drängle sie fort mittendrin, denn ich möchte diesen Augenblick in Stille mit ihr verbringen. Doch dann denke ich gezielt:
›Wie klingt es wohl, wenn ich die gedanklichen Worte mittendrin abhake?‹, das hört sich bestimmt lustig an.
Sie bewegt sich erneut in Richtung meines Kopfes, nähert sich meinem Ohr und kichert hinein.
»Hä, hä.«
Ja, auch die Gedanken dienen der Kommunikation. Genau wie ein Lächeln.

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