Leben außerhalb von Raum und Zeit. {19. August 2019}

leben-ausserhalb-von-raum-und-zeit-2„Gebete wirken in alle Richtungen der Zeit“, hatte ich einmal gehört. Doch wie kann das sein? Ich konnte es nie richtig begreifen, dass etwas was ich jetzt tue, Auswirkungen auf die Vergangenheit haben kann. Die Geschichte heute Nacht, vermittelte mir eine neue Sichtweise. Sie beginnt in meiner ehemaligen Hochschule. Es ist viele Jahre her seitdem ich das Letzte Mal hier war. Mein Studium hatte ich damals abgebrochen. Manchmal wünsche ich mir, ich hätte weitermachen können. Ob ich wohl noch den einem oder anderen Lehrer von damals treffen werde? Ich laufe durch die Gänge und schaue mir alles genau an. Alles wirkt anders. Hat sich der Ort verändert oder doch eher ich? Ich bemerke einen Lehrer den ich kenne. Er bittet mich in sein Klassenzimmer. Es ist größtenteils leer. Es ist schon später Nachmittag und die meisten Studenten sind nach Hause. Er zeigt mir das Zimmer, dann laufen wir zurück zum Gang. In dem Augenblick als wir das Zimmer verlassen, bemerke ich mehrere Gestalten in schwarzen Anzügen. Ihre Gesichter sind blass, beinah Weiß und wirken unmenschlich, außerirdisch. Jeweils zwei oder drei nähern sich aus beiden Richtungen. Sie schupsen die Studenten aus dem weg und eilen zu mir. Sie haben mich gefunden! Ich habe nun keine andere Wahl als meine wahre Identität vor allen Anwesenden zu offenbaren! Ich konzentriere mich und verschwinde, bewege mich unsichtbar zurück in die Mitte des Klassenzimmers. Die außerirdischen Agenten in schwarzen Anzügen laufen weiter zu der Stelle an der sie mich zuletzt sahen. Sie ergreifen den Lehrer und wollen ihm wegschleppen. Ich erscheine erneut und verwandle mich dabei in meine wahre Gestalt. Ein Wesen aus reinem Licht. Die Agenten laufen sofort zu mir! Einer von ihnen schnappt sich, was gerade eben noch mein Unterarm war. Er will mich unbedingt festhalten. Verhindern, dass ich fliehe. Sein Griff ist stark und fixiert mich selbst nachdem ich mich wieder unsichtbar mache. Ein künstliches Auge fixiert sich auf mich. Starrt direkt in mein Gesicht.
Ich löse mich schließlich gekonnt aus seinem Griff. Das Aikido Training, dass ich meiner materiellen Form erfahren habe, hilft mir auch in dieser Gestalt. Dann konzentriere ich mich darauf nach oben zu schweben. Auf einen bestimmten Ort in der Umlaufbahn. Ein verstecktes Raumschiff. Ich gleite zunächst langsam durch die Stockwerke der Schule. Die Geschwindigkeit exponentiell zunehmend. Während ich so blitzschnell die Atmosphäre durchstreife, realisiere ich was passiert… es sind gar nicht meine Erfahrungen wie ich zunächst glaubte, vielmehr sehe ich die Dinge erneut durch die Perspektive eines meiner Engel. Doch ist das alles Fiktion oder beruht es auf wahren Erfahrungen? Es bleibt keine Zeit zum Überlegen, denn nur einen Augenblick später stehe ich im Korridor meines Raumschiffes. Die Andromeda Ascendant. Ich materialisiere erneut in einem menschlichen Körper und laufe im schnellem Schritt die letzten Meter auf die Brücke. Gebe dabei bereits den ersten Befehl an das Raumschiff.
„Andromeda, fahre alle Systeme in den Kampmodus! Wir wurden entdeckt und müssen diese Welt verlassen!“
„Was ist passiert?“ – fragt eine weibliche Stimme. Andromeda ist ein hochintelligentes Raumschiff. Sie eine künstliche Intelligenz zu nennen, wäre zu wenig. Sie nimmt das ganze Raumschiff als ihren Körper wahr. Sie ist jedes Teil dieses Schiffes. Wir beide reisen alleine durch den endlosen Weltraum. Nur es und ich. Das Schiff hat sonst keine Crew. Ich bevorzuge diese Art zu reisen. Nennt mich nostalgisch.
„Sie haben die Bevölkerung infiltriert und versuchten mich gefangen zu nehmen.“
Auf der Brücke begebe ich mich an eine der Stationen in der Mitte. Auf dem Hauptbildschirm, auf der vorderen Wand der Brücke, sehe ich den Planeten. Es ist nicht die Erde! Wir verlassen gerade einen breiten, blau leuchtenden Asteroidengürtel! Andromda bewegt sich weg von dem Planeten, ihre Sensoren blicken nach hinten zu dem fremden Planeten, umgeben von seinem breiten blauroten Ring. Er ist wunderschön! Zwei fremde Raumschiffe gleicher Bauart erscheinen hinter uns. Sie sind deutlich massiver als die Andromeda. Eine riesige runde Kanone verläuft von vorderem bis zum hinterem Teil des Raumschiffes, es sind riesige Teilchenbeschleuniger. Die Raumschiffe erinnern stark an gotische Architektur. Und im Vergleich zu Andromeda sind sie sehr unmodern. Trotzdem dürfen wir sie nicht auf die leichte Schulter nehmen. Ihre massiven Teilchenbeschleuniger können uns gefährlich werden. Und schon beginnt eines der Raumschiffe auf uns zu feuern. Andromeda passt rechtzeitig den Kurs an und weicht der Energiemasse aus. Kurz bevor ich einen Hyperraum Korridor öffne, kommen Zweifel in mir auf. Kann ich diese Welt einfach so verlassen, jetzt wo die außerirdischen Wesen auf sie aufmerksam wurden, und manche von ihnen mich gesehen haben? Ich muss verhindern, dass die Regierungen das alles vor der Bevölkerung vertuschen und heimliche Abmachungen treffen. Was ich nun tue ist sehr gewagt…
„Andromeda, ändere den Kurs und fliege zwischen die beiden Raumschiffe!“, gleichzeitig gebe ich mehrere Kommandos in die Konsole ein. Ich bereite eine Salve von ferngesteuerten Projektilen vor. Andromeda reagiert augenblicklich und navigiert gekonnt zwischen die Raumschiffe. Ich fixiere eines von ihnen mit den Waffen und feuere. Andromedas Scanner bieten mir automatisch die besten Ziele als Piktogramme an. Eine Salve von hellen Lichtern verlässt Andromedas Außenhölle. Sie fliegen um eines der Schiffe und schneiden sich wie zwei Stachel in das Innere. Die Triebwerke fallen aus und das Schiff driftet unkontrolliert. Das zweite Schiff wendet und folgt uns.
„Ich habe eine Idee. Fliege uns in die niedrige Atmosphäre und nehme Kurs auf eines der Großstädte.“
Andromeda nähert sich der Atmosphäre und überträgt Energie in die interne Struktur. Eine weiße Wolke aus atmosphärischen Gasen umhüllt uns. Die dichter werdende Atmosphäre schüttelt uns heftig durch und verlangsamt. Das außerirdische Schiff direkt hinter uns. Als wir eine der planetaren Hauptstädte, überfliegen, ist das Geheimnis keines mehr. Keiner wird diese Ereignisse vertuschen können.
„Andromeda, bringe sie zum Absturz, versuche nur ihren atmosphärischen Antrieb auszuschalten.“
„Bist du sicher?“ – erwidert Andromedas sanfte Stimme. Sie weiß sehr genau was es bedeutet. Ich nicke und sie feuert eine weitere Salve aus ferngelenkten Projektilen. Sie schauen aus wie ein gelb leuchtendes Lasso. Umfliegen das angreifende Schiff und schneiden die Triebwerke von der restlichen Hölle ab. Das Raumschiff stürzt brennend in einen nahgelegenen Wald.
„Ja.“ – ergänze ich während wir das Schiff beobachten – „Es wird den Fortschritt dieses Planeten erheblich beschleunigen. Sie werden binnen weniger Jahrzehnte selbst den Weltraum erforschen können. Und es macht sie unabhängig.“
Ich prüfe ein letztes Mal den Zustand des abgestürzten Raumschiffes auf den Scannern.
„Verlasse nun den Orbit und springe in den Hyperraum.“
Wir haben uns genug eingemischt. Wenn wir erstmal fort sind, werden die Fremden sie nicht weiter stören. Ihr Interesse gilt nur mir.

Ein Hyperraum-Tor öffnet und ich wache auf in meinem Schlafzimmer. „Wow, was für eine Geschichte. Es war als sei ich wirklich diese Person. Es fühlte sich an, als hätte ich all das selbst getan und gesagt.“

Nachdem ich erneut einschlafe, bin ich in Lagischa. Der Ort in Polen in dem ich viele Jahre meiner Kindheit verbrachte. Ich laufe nachts durch die Hauptstraße auf der Suche nach meinem Freund und Betreuer von damals. Ich stand ihm näher als meinem leiblichen Vater. Er hat eine Hütte an der Hauptstraße gemietet. Zu meiner Zeit stand sie immer Leer. Ich klopfe an und er öffnet wenige Augenblicke später die Tür.
„Hallo, komm rein! Ich möchte dir etwas Zeigen.“
Er hat hier sein Labor eingerichtet. Der Raum ist ausgeleuchtet mit gelblichem Licht. In der Mitte steht ein Computer. Ein junger Mann sitzt davor. Er steht auf und reicht mir die Hand.
„Schön dich kennenzulernen. Ich habe viel von dir gehört.“
„Was macht ihr hier eigentlich?“ – ich schaue mich um. Die Computermonitore zeigen merkwürdige Baupläne und eine Weltraumkarte an. An der Wand liegen Wrackteile.
„Ich muss dir etwas beichten.“ – sagt mein damaliger Freund – „ich bin ein Außerirdischer. Ich stamme aus der Zukunft. Ich hatte einen Unfall und reiste 6666 Jahre in die Vergangenheit.“
„Ich verstehe.“ – sage ich ruhig und schaue zu dem jungen Mann – „Und du?“
„Ich bin von hier.“
„Und du hilfst ihm? Du könntest berühmt werden, wenn du ihm meldest.“
„Wer würde mir das alles glauben? Sie werden sagen ich bin verrückt.“
„Und warum hast du mich gerufen?“ – ich blicke erneut zu meinem Freund.
„Weil ich deine Hilfe brauche. Ich komme nicht weiter.“ – er betätigt die Tastatur und zeigt mir die Pläne eines Triebwerkes.
„Ich erkenne das. Es ist ein transtraidalischer talaxanischer Antrieb.“ – ich kichere Leicht, während ich irgendwelche Begriffe vor mir labere, die zu meiner Rolle passen – „Bist du an einer Biaxialer-worb Anomalie vorbeigeflogen? Das würde deine Zeitreise erklären.“
„Ich weiß nicht.“
„Zeige mir den Raumsektor in dem du den Unfall hattest.“
Er betätigt erneut die Tastatur. Eine Weltraumkarte samt letzten Scanner-Daten seines Raumschiffes erscheint. Ich zeige mit dem Finger auf ein paar laufende Datensätze.
„Da! Diese Werte deuten auf die Anomalie hin. Dein Triebwerk hatte eine Wechselwirkung damit.“
Der junge Man blickt perplext zu mir.
„Vorher weißt du das alles?“ – als er mich fragt, versuche ich erneut ein Gekicher zurückzuhalten. Ich habe keine Ahnung woher ich das alles weiß und wo die Worte herkommen. Es ist Teilweise als würde jemand mein Dialog fernsteuern und Erinnerungen an Dinge einsetzen.
„Ich bin ein Engel. Meine Spezies kann mit reinem willen, durch Raum und Zeit reisen. Ich bin bereits dort gewesen.“
„Und warum bin ich genau 6666 Jahre in die Vergangenheit gereist?“
„Das kann mehrere Gründe haben. Es könnte rein an der Wechselwirkung zwischen Anomalie und Antrieb liegen, reiner Zufall, …“ – ich halte kurz inne, eine andere Idee kommt auf – „oder es könnte genauso gut an dir liegen. Dein Geist hat diese Zeit oder Zahl gewählt. Es ist die Art und Weise wie ich durch die Zeit reise.“

Die Szene verändert sich. Ich sehe einen erwachsenen Mann, der mit einem jugendlichen Mädchen durch einen grauen, nebligen Hintergrund läuft.
„Wir werden von den Gorn wegen unserer Fähigkeiten verfolgt. Es entspricht dem was sie als Untersterblichkeit ansehen und anstreben. Wir können uns Jederzeit unterhalten. Erinnerst du dich an unser Treffen vor vier Jahren am Strand? Ich erzählte dir von unseren derzeitigen Problemen, und was der Ausgang sein wird. Damals hatte das alles keine Bedeutung für dich und nach deiner Zeitvorstellung kann ich es jetzt noch gar nicht wissen.“
„Warum hast du das gemacht?“- fragt sie neugierig.
„Die Frage ist nicht warum, sondern wann. Ich reiste jetzt gerade zu dir an den Strand und erzählte es dir …“

Ich komme erneut zu Bewusstsein in meinem Schafzimmer. Durchdrungen von einer beeindruckenden Klarheit, wie es sich anfüllt, frei von der Zeit zu leben. Mit einem neuen Verständnis für: „Gebete wirken in alle Richtungen der Zeit.“

 

Und was glaubt ihr, was Zeit für Engel bedeutet?

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